Er war unser enger Freund und langjähriger Wegbegleiter. Wir haben ihm unendlich viel zu verdanken und vermissen ihn.
Seine ehrliche Warmherzigkeit, seine Zugewandtheit, seine sprudelnde Kreativität, sein unkorrumpierbarer Charakter, sein klarer Verstand, seine Loyalität, seine ansteckende Lebensfreude, seine Lust am Disput und an der Diskussion und nicht zuletzt sein ausgesprochen guter Humor waren für uns die letzten 20 Jahre eine verlässliche Konstante in unserem Leben. Wir haben das immer für selbstverständlich genommen. Unser Freund Torsun war immer da. Leider ist das nicht selbstverständlich. Er ist nicht mehr da. Torsun ist gegangen, musste zu früh gehen. Wir sind ihm für immer dankbar.
Seine Begeisterung für die Musik, sein Brennen für die eigenen kleinen und großen Ideen, diese rastlose Ungeduld, wenn es darum ging, irgendwas fertig zu stellen und rauszubringen, die fast kindliche Freude über einen gelungenen Song, über ein lustiges selbst gebasteltes Meme oder ein tolles Konzert. Diese so sym¬pa¬thische Selbstironie, dieser manchmal bitterböse Humor, den er sich bis zu seinem Tod bewahrt hat, seine leuchtenden Augen, wenn er wieder irgendeine lustige Geschichte erzählte oder diese schnellen, präzisen Sätze, wenn er versuchte, seinem gegenüber in einer Diskussion seinen Standpunkt verständlich zu machen, seine Empathie und sein Interesse am Gegenüber, welches er auch trotz schwerer Krankheit nie verloren hat – das alles werden wir endlos vermissen. Er wird uns für immer fehlen. Torsun ist weg und die Leere, die er hinterlässt, fühlt sich unbeschreiblich groß an.
Vielleicht würde es Audiolith ohne Torsun nicht mehr geben. Ganz sicher wären wir ohne ihn und seinen Einfluss nicht so, wie wir heute sind. Die Radikalität und Kompromisslosigkeit, die er vertrat, hat so viel Potential entfaltet und so viele lodernde Feuer gelegt, weil er glaubwürdig war.
Das, was er vertrat, lebte er auch. Sein Lebensentwurf war immer radikal und selbstbestimmt. Torsun machte sich nicht viel aus all den Belohnungen und Bestechungen, die diese Gesellschaft bereithält, dafür, dass man in ihren Konkurrenzkampf einsteigt und sein Leben nach Verwertbarkeit und Leistung ausrichtet. Sein Kompass funktionierte bis zum Schluss und er war für uns nicht nur einmal ein rettender Anker und eine verlässliche Bank in den Wirren des komplizierten und fordernden Alltags.
Seine Kritik an Deutschland war unversöhnlich. Seine Ansagen waren oft genial, manchmal schrill. Wenn es um seine Analysen und weitblickenden Warnungen bezüglich Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus ging, haben wir oft gehofft, er würde nicht recht behalten. Leider kam es anders. Torsun stand für etwas. Er wollte als Künstler nie einer möglichst großen Masse gefallen oder der lustige Politclown mit den radikalen und etwas ausgefallenen Ansichten werden. Er war nie einfach zu konsumieren und hat nie linke Befindlichkeiten einfach so bedient, nur um von maximal vielen Leuten beklatscht zu werden. Im Gegenteil entschied er sich immer wieder aufs Neue gegen diese Vereinnahmung, gegen die Schulterklopfer, gegen die Blumensträuße und Preise. Er war ein Punk und Autonomer mit Lust am Krawall und irgendwie ist er es immer geblieben. Ein scharfes, ehrliches Wort auf der Bühne war ihm immer viel mehr wert als jede Chartplatzierung.
Trotzdem blieb er zugänglich. Torsun umgab sich nicht nur mit Leuten, die seine Meinung teilten. Er suchte die Auseinandersetzung. Diskussionen mit ihm waren meistens eine große Inspiration. Seine klare und kompromisslose Haltung in vielen Dingen war nie dogmatisch. Er war stets bereit, alles immer wieder und aufs Neue bis ins Kleinste zu diskutieren und wenn nötig zu hinterfragen.
Bis zum Schluss hat er, ohne sich zu schonen, gegen Antisemitismus und Antizionismus gekämpft. Selbst in den letzten Wochen seines Lebens blieb er hellwach und politisch engagiert.
Dass er gerade dadurch und eben auch durch alles andere, was ihn so auszeichnete, so einen großen Einfluss hatte, so viele tolle Menschen und so viele Hörer*innen geprägt hat, zeigte sich sehr deutlich in den letzten Monaten, nachdem er seine furchtbare Diagnose öffentlich gemacht hatte. Diese ganzen schönen, persönlichen Geschichten haben ihn wirklich sehr gefreut und ihm Kraft gegeben.
Wir lesen jetzt die vielen liebevollen Postings und Nachrufe. Es ist eine große Freude zu sehen, was für einen enormen Einfluss Torsun als Künstler und als Mensch auf uns alle gehabt hat.
Es ging viel zu schnell. Es ist jetzt in dieser Situation schwierig, die passenden Worte zu finden, weil es am Ende doch nur Worte sind und gleichzeitig gibt es noch so vieles aus den letzten zwanzig Jahren, was man schreiben und erzählen könnte. Diese Zeilen erheben definitiv nicht den Anspruch, auch nur einen Teil von Torsuns Leben und Schaffen abzubilden. Wir werden sicher noch oft über ihn und von gemeinsamen Momenten erzählen, lachen und weinen.
Torsun glaubte nicht an ein himmlisches Paradies. Der Himmel sollte für die Menschen auf der Erde sein, im Hier und Jetzt und nicht später. Das Leben sollte schön sein, lebenswert und maximal angenehm. In diesem Sinne gehen wir nun voran und hoffen, sein Andenken würdig weiterzuführen. Nicht nur mit unseren Gedanken sind wir bei seinem engsten Lieblingsmenschen, seiner liebsten Ehefrau und Partnerin Selina.
Auch wenn Torsun immer sehr deutlich gesagt hat, dass er nicht an ein Leben nach dem Tod glaubt, hat er doch für seinen geliebten und zu früh verstorbenen Vater schon vor langer Zeit den Song „Hello Dad“ geschrieben. Darin singt er: „Dad, I think you are an Asteroid now“
In diesem Sinne: Torsun, we think you are an Asteroid now!